Und wer kennt die wahre Geschichte seines Todes, wie sie bis heute von den Chiricahua-Apache daselbst überliefert ist - und aus gutem Grund aus der "offiziellen" Geschichtsschreibung gestrichen wurde?
„Verwickelte Apachen in der Nähe des alten Fort McLane in ein Scharmützel und tötete einige Feinde, ehe sie flüchteten. Ergriff ihren Häuptling Mangas Coloradas, der bei einem Fluchtversuch getötet wurde. Keine Verluste.“
So steht’s im offiziellen Bericht General West’s geschrieben, seine Version der Geschehnisse bedarf offenbar keiner Nachprüfung, die Folterung und Ermordung des achtzig Jahre alten Dasoda Hae bleibt ohne Folgen, und das obwohl der feige Auftragsmord vor unbeteiligten Zeugen verübt wurde.
Bergläufer und Trapper Joseph Reddeford Walker ist gerade damit beschäftigt, eine Gruppe von Goldsuchern nach Westen zu führen, als ihn ein mexikanischer Treiber für das nötige Kleingeld auffordert, seinen Zug mitten durch kriegerisches Apachenterritorium zu lotsen. Der angstvolle Treiber hat am Mimbres River eine Gruppe von Apache entdeckt und glaubt den hochgewachsenen Mangas Coloradas darunter erkannt zu haben. Walker ist mit einem recht großzügigen Entgelt vor Augen rasch für die gefährliche Unternehmung gewonnen und entwirft mit seinen Männern einen ausgefuchsten Plan, wie es dem Trupp gelingen könnte, das Apachengebiet mit heiler Haut zu durchqueren. Ihre Absicht ist es, den alten Coloradas zu entführen und als Geisel mit sich zu nehmen, was sie mit sicherer Gewissheit vor jedem Angriff der Apachen schützen würde, haben sie das Land erst einmal hinter sich gelassen, wollen sie den Häuptling wieder freigeben. Walker kennt Mangas und weiß um dessen große Hilfsbereitschaft und Friedenswilligkeit, sogleich schickt er drei Männer mit der weißen Parlamentärflagge zu dessen Lager und lädt ihn zu einem Treffen ins verlassene Fort McLane ein. Unter Umständen, so Walker’s Erwägungen, ist der im Grunde friedliebende alte Häuptling sogar freiwillig als Reisebegleiter und Lebensversicherung zu gewinnen. Auch Mangas scheinen ähnliche Überlegungen zu bewegen, als er sich gegen den ausdrücklichen Rat seiner Anführer - und obgleich mit reichlich Genug Erfahrung ausgestattet, den „verräterischen“ Bleichgesichtern zu misstrauen - entschließt, die Einladung des Bergläufers anzunehmen.
Doch das Schicksal meint es nicht gut mit den grau gewordenen Wölfen.
Wie es der Teufel will taucht in der Nacht vor dem Morgen des vereinbarten Termins Brigadegeneral Joseph Rodman West mit zweihundert Soldaten im Fort auf, um dort Quartier zu nehmen. Einige von Walker’s Männern sind einfältig genug, dem General von den Vorfällen zu berichten, Walker selbst findet weder Zeit noch Gelegenheit, den Ankömmling zu warnen. Als der ahnungslose Mangas frühmorgens im Lager auftaucht, die weiße Waffenstillstandsflagge erhoben, befiehlt der fanatische Indianerhasser und Befürworter ihrer Ausrottung seinen Männern, ihn zu ergreifen und in Fesseln zu legen. Der überrumpelte Häuptling sucht das Gespräch mit dem General, doch dieser lässt den rüstigen Greis in den engen Raum eines leerstehenden Hauses werfen und dort den ganzen Tag festhalten. Abends befiehlt er einigen Soldaten, den gefesselten Mangas an’s Campfeuer zu schleifen und erteilt seinen Männern eindeutige Instruktionen, die der missmutige Walker zur Untätigkeit verdammt belauscht. Laut seiner Aussage vermeldet Rodman beim Weggehen laut und deutlich vernehmlich: „Sie haben verstanden! Morgen früh möchte ich ihn tot haben!“
Wofür die verrohten Soldaten sich natürlich sehr viel Zeit nehmen und etwas Besonderes einfallen lassen.
In aller Ruhe bringen sie ihre Bajonette über dem Feuer zum Glühen, während der hilflose Mangas zwischen ihnen auf dem Boden liegt, und beginnen einer nach dem anderen, erst die Fußsohlen des Greises mit ihren rotglühenden Eisenspitzen zu malträtieren, dann die Waden, die Oberschenkel, den Bauch, die Rippen, Rücken, Arme, Schultern und Hals, stundenlang quälen sie den Wehrlosen auf diese bestialische Weise, der sich auf dem Boden krümmt, windet und herumwirft, ohne einen Schmerzenslaut von sich zu geben. Immer wieder versucht Mangas vergeblich, in Spanisch auf seine Peiniger einzureden und sie von ihrem Tun abzubringen, denn er beherrscht kein Englisch. Die ganze Nacht über foltern sie den alten Mann mit ihren Marterinstrumenten, in der ersten Dämmerung noch vor dem Morgengrauen treten zwei Männer an den auf dem Boden Liegenden heran, drücken die Gewehrkolben an die Schultern und feuern aus unmittelbarer Nähe mehrere Schüsse in den gemarterten Körper. Mangas Coloradas, der verehrte und ob seiner Weisheit gerühmte Dasoda Hae, Häuptling und Ältester der Chiricahua, ist endlich von seinen Leiden erlöst.
Als General West schließlich ausgeruht und ausgeschlafen am Tatort eintrifft, befielt er zufrieden, Manga’s den Kopf vom Leib zu trennen. Ein Armeearzt wird damit beauftragt, das Gehirn aus der Schädelhöhle zu fischen, das laut dessen Aussage noch größer ist als das von Außenminister Daniel Webster, das Fleisch von den Knochen zu schaben und den Totenkopf auszukochen. Hinlänglich präpariert wird Manga’s Haupt nach Washington geschickt und dort in einer langjährigen Ausstellung der neugierigen und schaulustigen Bevölkerung der hochkultivierten und zivilisierten Oststaaten präsentiert.
Keine Bange, auch mir wird davon übel.
Als Cochise von der entwürdigenden „Hinrichtung“ seines großen Vorbildes und geliebten Schwiegervaters erfährt, versteinert sich nicht nur das Gesicht des trauernden „Hartholz“, wie sein Name in der Chokone Sprache lautet, auch das des Apachenkrieges sollte in der Folge verhärtete Züge annehmen. Bei der Sperrung des Apache Passes zwei Jahre zuvor, den General Carleton mit einer mehrere tausend Mann starken Miliz und dem massiven Einsatz von Haubitzenartillerie regelrecht „freischießen“ musste, nachdem es fünfhundert Apache mehrmals gelungen war, die kalifornischen Freiwilligen abzuwehren und zurückzuschlagen, war Mangas schwer verwundet worden. Cochise transportierte seinen Schwiegervater auf einer Trage und zum Teil auf den Rücken gebunden auf abenteuerlichen und beschwerlichen Schleichwegen zu einem hundertfünfzig Meilen entfernten befreundeten mexikanischen Arzt, der seine Genesung mit Erfolg zu unterstützen vermochte. Diesmal aber konnte Cochise nichts mehr für seinen väterlichen Freund und Ratgeber tun. Einen Tag lang beobachtet er Fort McLane und muss mit einigen Kriegern hilflos mitansehen, wie die Soldaten Manga’s kopflosen Körper achtlos in einen Graben werfen, wo er schutzlos dem Fraß von Krähen und Bussarden ausgesetzt ist, erst im Schutz der Nacht kann er den geschändeten Leichnam bergen.
Oder besser dessen Überreste.
Dieser Beitrag wurde bereits 6 mal editiert, zuletzt von »Desperado« (28.01.2018, 09:10)